Vielen Dank, Herr Baumann, dass ich Red’ und Antwort stehen durfte. Ich fühle mich geehrt, dass ich über Waldbaden erzählen durfte.
Nachdem wir das Interview beendet hatten, kamen mir einige gute Antworten. Zum Beispiel auf die Frage, warum sich der Mensch von der Natur entfremdet hat. Ich gab zur Antwort: vielleicht weil die Technologie den Menschen davon abhält, mit der Natur in Kontakt zu treten? Vielleicht auch, weil der Mensch Angst vor der Natur hat?
Darüber habe ich noch ein wenig sinniert. Denn ich beobachte an mir selber, wie das offensichtlich nicht Überschaubare, nicht Sichtbare und auch nicht Kontrollierbare der Natur manchmal zu Irritationen führt. Da war plötzlich ein kleiner Frosch vor meinen Füssen. Er hüpfte so schnell weg, dass ich seine Grösse gerade noch erahnen konnte. Und die wunderschön glänzende und dünne Blindschleiche hinter mir. Ich sah sie noch im letzten Moment. Sie erstarrte und kroch dann im Zeitlupentempo weg. So langsam, dass ich bestimmt eine Stunde Zeit benötigt hätte, um sie zu beobachten. Bloss: wann nehmen wir uns die Zeit dazu? Wann erlauben wir uns die Musse? Ich denke, wir haben sie delegiert: an Forscher*innen, an Fernsehteams, an Biolog*innen, an Meditationslehrer*innen, …. Wir sind auf Leistung und Erfolg getrimmt und haben vergessen, woher wir kommen: aus der Natur. Wir bewerten es als Erfolg, wenn wir Hypes mitmachen. Wir fühlen uns lebendig, wenn wir eines über den Durst trinken. Aber wir fühlen uns dem Tier überlegen; denn ein Tier kann nicht sprechen, kann nicht studieren und folgt seinem Trieb. Wir sind geprägt von der Idee, dass der Stärkere gewinnt. Dabei übersehen wir die leisen Töne und das was für unsere Augen unsichtbar ist. Und: wir fürchten uns. Zum Beispiel vor Wildschweinen, Schlangen, Spinnen, Füchsen, Zecken, Borkenkäfern, Viren, Bakterien, Mikroben und vielem mehr. Manchmal zu recht, oft zu unrecht.
Und ja, die Technik! Sie gaukelt uns vor, dass wir alles jederzeit online haben können. Ich schreibe diesen Blog beispielsweise auch online und verteile ihn nicht gedruckt an die interessierte Leserschaft. Es sind so viele Informationen zu lesen, dass wir gelernt haben, weg zu sehen. Denn es ist too much.
Die aufkeimende Ahnung, dass wir Menschen eigentlich ein kleiner Pups sind, im Vergleich zum perfekt funktionierenden Ökosystem…. das tut weh! Dachten wir eben noch, dass wir die überlegenste, intelligenteste und erfolgreichste Spezies auf diesem Planeten sind? Mitnichten! Beobachten Sie Ameisen, Bienen, Vögel, Fische und Sie werden vor Neid erblassen vor deren Kommunikation. Dasselbe bei den Pflanzen und denjenigen, die über Jahrzehnte an ihren Plätzen stehen bleiben und manchmal Generationen von Menschen erdulden: den Bäumen. Ja, ich neige mich vor Demut vor diesen Wesen. Denn sie haben eines gelernt: sich anzupassen und immer wieder neue Wege zum Überleben zu finden. Ohne Gemeinschaft funktioniert es nicht, das haben selbst die Bäume begriffen. Die unendliche Fülle, welche die Pflanzen produzieren, könnte für uns ein Hinweis sein, dass wir vielleicht unseren Horizont erweitern sollten.
Beim Waldbaden versuchen wir, präsent zu sein und nicht zu bewerten. Wir aktivieren unsere Sinne und versuchen, den Wald und die Natur wahrzunehmen. Ich empfehle auf jeden Fall, Waldbaden auszuprobieren. Fühlen Sie sich eingeladen, an einem Kurs teilzunehmen.
Ja, das alles hätte ich Ihnen gerne gesagt, Herr Baumann.